Das Ultranet – Projekt des Stromnetzbetreibers Amprion ist ein Milliardenprojekt zum Stromtransport vom Norden in den Süden.
Das zweigeteilte Verfahren zur Festlegung des genauen Trassenverlaufes dieser neuen Hochspannungs-Gleichstromübertragung (400 kV HGÜ) liegt dabei in Bonn bei der Bundesnetzagentur. Im Rahmen der Bundesfachplanung wird der Trassenkorridor bestimmt. Danach entscheidet sich im Zuge des Planfeststellungsverfahrens der konkrete Trassenverlauf im zuvor bestimmten Trassenkorridor.
Das Parlament in Berlin hatte den Bedarf für Ultranet 2014 beschlossen und in Gesetzesform gegossen. Anders als bei allen sonstigen geplanten HGÜ-Leitungen (Südlink, Südwestlink) wurde dabei der Vorrang der Erdverkabelung nicht im Gesetz vorgesehen.
So sieht die Amprion vor, im Wesentlichen die vorhandene 380-kV-Drehstromleitung für die erstmalige Errichtung der Hochspannungs-Gleichstromübertragung (400 kV HGÜ in Europa zu nutzen und die bestehenden Maste zu verwenden. Doch werden die Seile dicker und die Maste deutlich höher. Diese stehen dann manchmal nur 20 m von den Häusern entfernt.
Entlang der geplanten Ultranet Trasse haben sich daher seit 2014 zahlreiche Bürgerinitiativen gebildet, die sich für Verschwenkungen der Trasse aus den Siedlungsgebieten mit mindestens 400 m Abstand, für Verlegung als Erdkabel oder sogar ganz gegen den Bau dieser Trasse wenden.
Am Mittwoch dem 21.Okt. trafen sich trotz der Corona Pandemie unter entsprechenden Auflagen ca. 50 Mitglieder vieler Bürgerinitiativen des sogenannten Ultranet Bündnisses von Hürth bis Hofheim zu einem ProtestCamp vor der Bundesnetzagentur (BNetzA) in Bonn. Die Anzahl der Teilnehmer war wegen der augenblicklich geltenden Kontakt- und Abstandregeln begrenzt, man konnte aber trotzdem mit einem Zelt je BI auf dem Rasen vor der BNetzA eine eindrucksvolle Repräsentanz zeigen.
Die BI Niedernhausen.Eppstein e.V. hatte als Kernstück der Veranstaltung eine einstündige Podiumsdiskussion mit dem Präsidenten der BNetzA, Jochen Homann, sowie dem Abteilungsleiter Netzausbau, Matthias Otte organisiert. Auch die Bundespolitik mit dem Bundestagsabgeordnete Alexander Müller (FDP) aus Niedernhausen war vertreten. Herr Matthias Otte stand dabei schon vorab zur Beantwortung zahlreicher Fragen zur Verfügung. Ein Team der ARD begleitete die Veranstaltung und der SWR war während der Podiumsdiskussion und danach mit kritischen Fragen dabei.
Mit Erstaunen erfuhren die Teilnehmer vom Präsidenten der BNetzA, Hr. Homann, dass die BNetzA sich bei diesem Milliardenprojekt lediglich als Genehmigungsbehörde sieht, obwohl in der laufenden Bundesfachplanung eine klare Abwägung und Planung eines optimierten Korridorverlaufs vom Gesetzgeber gefordert ist. Die Frage der Bürgerinitiativen und von MdB Alexander Müller, wer denn einen optimierten Korridorverlauf vorlegen soll, wurde damit beantwortet, dass dies in erster Linie der Antragssteller diese Optimierung erarbeiten müssen. Dies veranlasste einige festzustellen, dass man hier wohl den Bock zum Gärtner mache.
Die Antwort der BNetzA darauf war, dass ein wichtiger planerischer Part bei der Politik vor Ort liege, insbesondere bei der Landespolitik. Diese hätten über die Landesplanung und die Netzplanung (in Hessen angesiedelt beim Hessischen Wirtschaftsministerium) klare planerische Vorgaben zu machenund zu erarbeiten, sodass bürgernahe und naturfreundliche zukunftsfähige Planungslösungen für die Trassen gefunden werden können. Die BNetzA entscheide dann nur noch.
Daraus entspannte sich eine heftige Diskussion, weil in vielen Gesprächen mit Land und Kommunen gegenüber den Bürgerinitiativen immer betont wurde, dass Land und Kommunen in der Vergangenheit zum einen zu wenig eingebunden wurden und zum zweiten gerade die raumplanerische Verantwortung immer wieder der BNetzA zugeschrieben wird.
An dieser Stelle wurde sehr deutlich, dass es ein politisches Dilemma zwischen Landesplanungen und BNetzA gibt, dass nicht nur immer wieder zu Verzögerungen in der Planung, sondern auch zur Verhinderung von notwendigen Investitionen für die Energiewende führt. Der Gesetzgeber in Berlin ist gefordert, dieses aufzuheben.
Die beiden hochrangigen Vertreter der BNetzA-Vertreter bekundeten ihre Meinung, dass Verschwenkungen in Hessen durch die hessische Landesplanung des Wirtschaftsministeriums sowie durch kommunale Gremien wie Kreis und Kommune vorgeplant und der Willen dazu deutlich und schriftlich formuliert werden muss.
Auch klare Bekenntnisse der betroffenen Leitungsbetreiber wurden in der Art eingefordert, dass sie einer Neugestaltung einiger Leitungsabschnitte zuzustimmen bzw. Mitverschwenkungen im Zuge einer Verschwenkung von Ultranet beantragen sollten. Wie dies aber im Einzelnen aussehen soll und welche konkreten Instrumente der Kommunen oder der Landesplanung wirklich erforderlich sein sollen, wurde damit vermittelt, dass Kommunen und Landesplanung „verbindliche“ Äußerungen zu den Verschwenkungen abgeben müssen.
Vonseiten der Demonstranten wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass durch die Entscheidungsfindung der BNetzA letztlich doch ein großer Teil der raumplanerischen Gestaltungsverantwortung für einen optimalen und umweltfreundlichen Trassenverlauf bei der BNetzA liegt. Es sei an der BNetzA rechtzeitig dafür, alle notwendigen Unterlagen unmissverständlich bei den betroffenen Behörden einzufordern.
Um die in der Diskussion angesprochenen Kommunikationslücken zu überbrücken, erklärten sich die BNetzA-Vertreter bereit, an einem Dialog der betreffenden hessischen Behörden, sowie der Netzbetreiber teilzunehmen. MdB Alexander Müller erklärte seine Bereitschaft, sich für die Realisierung des Treffens einzusetzen. Die BI Niedernhausen.Eppstein e.V. wird sehr genau verfolgen, wann und mit welchen Ergebnissen dieses Treffen durchgeführt wird.