Ultranet – Ein Herzstück der Energiewende kämpft mit fehlender Verantwortung der Vorhabenträgerin Amprion und der Zögerlichkeit der Genehmigungsbehörde bei der Raumplanung. Die BNetzA nimmt ihre Aufgabe nicht wahr und ist in zu vielen Punkten zu inkompetent, insbesondere in der erforderlichen Raumplanung! Das ist der Skandal und die Politik in Berlin hat das noch nicht erkannt.
Land Hessen gegen Bundesnetzagentur – oder wie man Chancen aus Großprojekten der Energiewende verspielen kann
Im Rahmen der Energiewende werden mehrere sogenannte Stromautobahnen, das sind Stromleitungen mit neuer Technik, sogenannter Höchstspannungsgleichstromübertragung (HGÜ), in Deutschland benötigt, um den Windstrom von der Nord- und Ostsee in den Süden zu bringen. Eine besondere Stellung nimmt das Ultranet-Vorhaben (Osterath-Philippsburg) ein, für das anders als die anderen HGÜ-Leitungen der Gesetzgeber keinen Erdverkabelungsvorrang zugestanden hat. Hierbei werden vorhandene Leitungen und Masten aufgerüstet. Gesetzlich vorgesehene Mindestabstände zur Wohnbebauung werden somit ausgehebelt.
In Niedernhausen im Taunus, sowie in einigen Nachbarkommunen, laufen diese Bestandsleitungen mitten durch dicht besiedelte Wohngebiete. Die ursprüngliche Trasse, deren Linienführung aus der Zeit der Weimarer Republik stammt, wurde schon in den letzten 20 Jahren ständig in ihrer Kapazität mit zusätzlicher Beseilung aufgestockt, ohne auf die inzwischen entstandene Bebauung im Umfeld der Leitung Rücksicht zu nehmen, bzw. die Abstände, wie bei Neuplanungen vorgesehen, anzupassen.
Nun soll sogar eine neue, mit ihren gesundheitlichen Gefahren unbekannte Technik zusätzlich auf die Trasse aufgesattelt werden. Das Bundesamt für Strahlenschutz hält die bestehenden gesetzlichen Grenzwerte für die neue HGÜ Technik für unerprobt und mahnt dringenden Forschungsbedarf an.
Die BI.Niedernhausen. Eppstein e.V. bündelt seit 2017 die Interessen der Bürger in Niedernhausen und Eppstein für die Optimierung des Leitungskorridors bei diesem Milliarden-Projekt Ultranet. Die Gemeinden und das Land Hessen haben inzwischen die Gefahren erkannt und wollen gegen eine Aufrüstung der Bestandstrasse klagen. Alternativ haben Politik von Gemeinde, Kreis und Land Hessen mit den Bürgern einen Optimierungsansatz für die Trassenführung entwickelt, entsprechende Beschlüsse gefasst und schriftliche Stellungnahmen diesbezüglich an die BNetzA abgegeben.
So wie sich die Situation allerdings zurzeit darstellt, wird bei diesem Projekt das deutsche Planungsrecht ad absurdum geführt, weil die BNetzA ihre vom Gesetzgeber zugestandene raumplanerische Verantwortung nicht ausreichend wahrnimmt und stattdessen die Argumentation des Vorhabenträgers Amprion aufgreift, dass lokale Trassenverschwenkungen zur Einhaltung der Grenzwerte nicht notwendig sind.
Das würde bedeuten, dass man die raumplanerische Verantwortung der Vorhabenträgerin Amprion überlässt, was genauso wäre, wie vom Errichter eines Hauses zu verlangen, die Stadtentwicklung bzw. -planung mit zu erledigen und andernorts geltende Grenzwerte freiwillig einzuhalten.
Inzwischen hat sich die hessische Politik mit Ministerpräsident Bouffier und Wirtschaftsminister Al Wazir mit der hessischen Abteilung für Raumplanung eingeschaltet, um die BNetzA zu bewegen, die durch Bürger und Kommune beschlossene Verschwenkung des Korridors um Niedernhausen herum, von der Vorhabenträgerin Amprion einzufordern. Aus unerklärlichen Gründen zögert die BNetzA aber weiterhin.
Der vorliegende Vorschlag für eine Trassenverschwenkung durch alle Träger öffentlicher Belange, der auch die weiteren auf der Trasse liegenden Leitungsstränge von Syna und Bahnstrom einschließt, basiert auf einem Beschluss der Gemeindevertreterversammlung Niedernhausen. Kreis, Land und sogar Vertreter des Bundes haben sich inzwischen dafür ausgesprochen. Das Zögern der BNetzA ist unverständlich.
Im Detail stellt sich die Situation wie folgt dar:
- Bundesminister Altmaier stellte während seines Besuchs in Niedernhausen im Feb 2019 fest: „Hier muss sich etwas ändern, am Finanziellen soll es nicht liegen“.
- Der hess. Ministerpräsident Bouffier und der hess. Wirtschaftsminister Al Wazir haben sich schriftlich mit der Bitte an den Präsidenten der BNetzA gewandt, bei diesem Bundesprojekt den eingereichten Vorschlag der Gemeinde Niedernhausen zu berücksichtigen.
- Die Vorhabenträgerin Amprion zögert trotz höchster politischer Unterstützung weiterhin, eine Trassenoptimierung im Sinne der Bürger durchzuführen und die Vorschläge der Gemeinden zur Verschwenkung des Korridors und der Trasse aktiv in ihre Planung aufzunehmen.
- Durch die Verschwenkung des Korridors würden die inzwischen für Neubauleitungen wegen des gesundheitlichen Vorsorgeprinzips vorgeschriebenen Abstände zu Siedlungsgebieten eingehalten.
- Innerhalb des bestehenden Siedlungsbereiches würden große Trassenflächen frei, die bisher die urbane Entwicklung des Ortes behinderten und bei einer Verschwenkung als quasi erschlossenes Bauland für im Rhein-Main-Gebiet dringend benötigte Wohnbebauung zur Verfügung ständen.
- Obwohl die Gemeinde und das hessische Wirtschaftsministerium alle von der BNetzA geforderten Unterlagen mit positiven Stellungnahmen bereits im Mai 2020 geliefert haben, zögert die Vorhabenträgerin Amprion und auch die BNetzA als zuständige Genehmigungsbehörde schnell und zügig die Fachplanung weiterzuführen und die Leitungen aus den Wohngebieten zu verschwenken.
- Es ist nicht nachvollziehbar, wie wenig aktive raumplanerische Gestaltung die BNetzA bei diesem Milliardenprojekt bisher erkennen lässt. Der Gesetzgeber hat der BNetzA nicht ohne Grund die gesamte und einzige Entscheidungsgewalt als genehmigende Behörde für verantwortungsvolle Lösungen bei derartigen Bundesprojekten gegeben.
- Unsere Forderung lautet, dass die BNetzA endlich zukunftsorientierte, planerische Verantwortung bei diesem Milliardenprojekt Ultranet erkennen lässt. Die Trassenführung würde andernfalls durch ein derartiges Projekt für vermutlich weitere 100 Jahre mitten durch die Siedlungsgebiete zementiert. Wenn nicht jetzt, wann dann kann durch Optimierungen der Trasse Verantwortung für eine lebenswerte Umwelt im Rhein-Main Gebiet getragen werden. Eine durchdachte Lösungsmöglichkeit, die mit breitem politischen Konsens getragen wird, liegt vor.
Der für die Energiewende benötigte Ausbau des Stromnetzes wird durch das Vorgehen der Fa. Amprion verzögert, weil er die berechtigten Interessen der Bevölkerung ignoriert. Politik und Bevölkerung setzen sich für einen optimierten Korridor ein, doch dieser Einsatz droht nicht am Unwillen der Beteiligten,sondern an der Unfähigkeit der konstruktiven Zusammenarbeit zwischen BNetzA und Amprion zu scheitern. Es drohen weitere Verzögerungen am Vorhaben, da Gemeinden und Kreis beschlossen haben, sich bei einer weiteren Ignorierung ihrer Interessen sich juristisch zu wehren.
Wir würden diesen Fall, der vermutlich nicht untypisch ist für die Schwerfälligkeit der zuständigen Behörden und Vorhabenträger, gerne einer breiteren Öffentlichkeit zur Kenntnis bringen. Mit vielen Milliarden wird versucht die Energiewende voran zu bringen, aber vielerorts wird dabei auf raumplanerische Lösungen gesetzt, die mehr als 100 Jahre alt und nicht mehr zeitgemäß sind.
Für eine Berichterstattung können wir Ihnen die entsprechenden Unterlagen zur Verfügung stellen, sowie die Kontaktdaten der entsprechenden Sachbearbeiter nennen. Für weitere Gespräche stehen wir gerne zur Verfügung.